Gefunden in Masar-i-Scharif, 2007
Es ist schon wundersam, was alles passieren kann zwischen einem einzigen Blinzeln. Sie schließen ihre Augen für einen kleinen Augenblick und etwas, erstaunliches passiert. Sie nehmen Kontakt mit sich selbst auf. Sie hören ihre Sorgen, ihre Ängste, ihr Wünsche und sie sehen eine wüste Abfolge von dem was war, was ist und was sein könnte. Doch irgendwo tief da drinnen hören sie ihre Umgebung. Vielleicht ein nettes Restaurant mit plaudernden Menschen, klirrendes Geschirr und das aufpoppen einer Sektflasche. Oder vielleicht eine Straßenkreuzung mit den Surren lauter Motoren, das Hupen verärgerter Fahrer und die Schritte zahlreicher Menschen. Alles was ich höre, ist das laute piepsen in meinem Ohren, von einer Granate, die zwei Minuten zuvor, nicht weit entfernt von mir explodierte. Meine Ohren sind noch betäubt, so scheinen die Schussgeräusche weiter entfernt, als es leider der Fall ist. Ich spüre das warme Blut meine Schläfe entlang laufen und schmecke es in meinem Mund. Mittlerweile wirkte die brennende und stechende Schusswunde in der linken Schulter für mich wie eine verblasste Erinnerung. Ich spüre, dass meine Zeit bald ihr Ende gefunden hat. Es ist schon witzig. Ich hatte mir meinen Tod dutzende Male ausgemalt, doch wäre ich nie auf dieses Ende gekommen. Niemand bereitet dich darauf vor im Camp. Sie sprechen davon und erzählen uns, dass es halt unser Jobrisiko sei, aber keiner kann dir erzählen wie es wirklich ist. Kein Wort darüber, wie schwer es fällt Luft einzuatmen, wenn die Lungen langsam den Geist aufgeben und Blut reinfließt. Keine Erwähnung darüber, wie kalt einem wird und wie der ganze Körper zittern will, obwohl ihm jegliche Kraft dazu fehlt. Ich spüre meine Füße nicht mehr. Wahrscheinlich waren sie schon längst nicht mehr vorhanden. Die Minen hatten saubere Arbeit geleistet. Acht Kameraden hatte ich durch sie verloren. Acht Menschen, die nie wiederkehren würden und Familien zurückließen. Es waren gute Menschen. Gute Christen. Fleißige Männer und Frauen. Vor fünfzehn Minuten saßen wir alle noch zusammen im Fahrzeug und jetzt kann ich mich noch kaum mehr an ihre Gesichter erinnern. Wo waren sie? Was hatten wir falsch gemacht? Wir worden auf, dass hier vorbereitet. Wie konnte das nur passieren. Es war mein Fehler. Ich hatte uns gefahren. Verdammt, ich kannte die Strecke. Mir hätten, die Veränderungen auffallen müssen. Ich hätte gerne so vieles, das ich sagen wollte, doch ich kann die Augen kaum mehr aufhalten. Ich vermeide jeglichen Blick auf meinen Körper, denn ich spüre, dass ich den Anblick nicht überleben werde. Zu viele Stellen an denen ich einen kühlen Luftzug und ein intensives Brennen spüre. Doch ich bin zu Müde, um mir darüber Sorgen zu machen. Ich habe Angst. Nicht Angst allein zu sterben, denn um mich herum befinden sich meine Freunde und deren Überreste. Ich habe Angst den Gedanken zu akzeptieren, sie nie mehr wiederzusehen und in die Vergessenheit zu geraten. Wir hatten uns gestritten, bevor ich sie verließ und nach Afghanistan flog. Ich hätte ihr gerne, noch so viele Dinge erzählt. Jetzt bin hier in der Ruine, eingekesselt und verloren. Verdammt. Ich will nicht sterben. Nicht jetzt. Noch einmal will ich ihre Haut spüren, ihre Stimme hören und sagen wie sehr ich s ----
[Theorien gehen davon aus, dass genau in diesem Moment eine Granate, sein Leben beendete (Die nachher gefundenen, teilweise oxidierten, Granatsplitter ließen es annehmen.). Vom Soldaten selber, blieb keine Spur übrig. Die Taliban verbrannten einige Soldaten dort.]
Written by SenhorDaSilva